Wie ME/CFS mein Leben auf den Kopf stellte und was ich daraus lerne
11. März 2022. Ich erinnere mich an das Datum, als hätte es sich eingebrannt. Es war der Tag, an dem ich krank wurde – und nicht wieder gesund. Erst war es „nur“ Corona. Dann Wochen der Erschöpfung. Dann Monate. Irgendwann war klar: Das ist kein normales „Nicht-wieder-fit-Sein“. Mein Körper machte nicht mehr mit – und ich verstand nicht, warum.

Ich war jemand, der immer Vollgas gegeben hat. Ausbildung, Arbeit, Weiterbildungen, Pläne. Ich war immer unterwegs – mit dem Kopf, mit dem Herzen, mit dem Koffer. Und plötzlich: Nichts mehr davon. Nicht mal mehr duschen ohne Pause. Nicht mehr lesen, nicht mehr einkaufen. Nicht mehr funktionieren.
ME/CFS – ein Name für das Unsichtbare
Es hat lange gedauert, bis ich überhaupt wusste, wonach ich suchen soll. Zuerst hieß es: Depression. Dann: LongCovid. Erst später fiel das Wort ME/CFS – und plötzlich ergab vieles Sinn.
Aber damit war es nicht einfacher. Denn ME/CFS ist eine Erkrankung, die man nicht einfach „wegmacht“. Es gibt keine Pille, keinen klaren Behandlungsplan, kein „in sechs Wochen bist du wieder fit“. Es gibt nur: lernen, akzeptieren, neu denken. Jeden Tag aufs Neue.
Vom Kämpfen zum Spüren
Was ich am Anfang nicht verstand: Dass mein Körper nicht mein Feind ist.
Dass er nicht versagt, sondern sich schützt. Dass Ruhe nicht Aufgabe, sondern Überleben ist. Und dass mein Wert nicht davon abhängt, was ich tun kann – sondern wie ich mit dem umgehe, was ist.
Ich lerne noch. Aber ich bin schon weit gekommen:
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- Ich achte auf meine Energie, statt sie zu ignorieren.
- Ich feiere kleine Erfolge – auch wenn es „nur“ ein Spaziergang zur Haustür ist.
- Ich habe Pacing als neue Lebenskunst kennengelernt. Und als liebevolle Disziplin.
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Was bleibt und was trotzdem wächst
ME/CFS hat viel genommen. Spontanität. Belastbarkeit. Sicherheit.
Aber es hat mir auch gezeigt, wie tief Liebe gehen kann. Wie viel Nähe in Stille steckt. Wie stark man wird, wenn man endlich schwach sein darf.
Babsi ist an meiner Seite. Giny schnurrt sich in mein Herz, wenn gar nichts mehr geht. Und ich beginne, meinem Leben in kleinen Dosen wieder zu vertrauen.
Nicht trotz der Krankheit – sondern mit ihr.
Und du?
Vielleicht kennst du das Gefühl, wenn dein Leben auf Pause drückt. Vielleicht steckst du mittendrin.
Dann möchte ich dir sagen: Du bist nicht allein.
Und du bist nicht weniger wert, nur weil dein Weg gerade langsamer ist.
Danke, dass du hier bist.
Vreni
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